Wie spricht man eigentlich?


Für die Entwicklung des Sprechens ist das Zusammenspiel der Mundmuskulatur ebenso wie die taktil-kinesthetische Wahrnehmung (Fühlen) der Bewegungsabläufe von großer Bedeutung. Des Weiteren sind das Sehen und Hören eine wichtige Unterstützung beim Lernprozess. Je besser die mundmotorischen Bewegungen automatisiert sind, desto besser gelingt auch die Bildung von Lauten.

Wenn man von der Mundmuskulatur spricht, sind damit die Muskeln gemeint, die es den Sprechwerkzeugen ermöglichen, eine gute Lautproduktion zu erreichen.

Mit den Sprechwerkzeugen sind all diejenigen Teile des Körpers gemeint, die unmittelbar aktiv oder passiv an der Lautproduktion beteiligt sind. Dazu gehören u.a. die Lunge, der Kehlkopf, der gesamte Mund-Nasen-Raum, der Gaumen mit dem Gaumensegel, die Zunge, die Zähne, die Lippen etc. Wenn man bedenkt, dass für das Sprechen mehr als 100 Muskeln benötigt werden, die harmonisch miteinander zusammenarbeiten müssen, dann versteht man auch, dass eine gezielte Förderung der  Mundmotorik für jedes Kind sinnvoll ist.

Bevor ich näher auf die Sprechwerkzeuge eingehe, ist es wichtig zu erwähnen, dass sie nicht nur zur Produktion von Lauten dienen, sondern andere lebenswichtige Funktionen erfüllen:

  • Die Lunge ist für die Atmung zuständig.
  • Der Kehlkopf verhindert, dass man sich verschluckt und dabei etwas in die Luftröhre gerät.
  • Die Zunge liefert über das, was man in den Mund nimmt, wichtige sensorische Informationen zur Konsistenz, zum Geschmack oder zur Temperatur.
  • Die Zähne dienen dem Zerkleinern von Nahrung usw..

Die Artikulationsorgane

Das Velum

Der harte und der weiche Gaumen bilden zusammen die Gaumenwölbung. Der weiche Gaumen, auch Velum (= Gaumensegel) genannt, ist die Verlängerung des harten Gaumens nach hinten. Dabei handelt es sich um ein komplexes Muskelbündel, das das Velum anheben und spannen kann.

Der hintere Teil des Velums ist das Uvula, umgangssprachlich auch Zäpfchen genannt. Es ist frei beweglich und hat die wichtige Funktion den Zugang zur Nasenhöhle zu öffnen oder zu schließen.

Bei der Ruheatmung hängt es entspannt und lässt den Zugang zur Nase offen. Beim Schlucken wird durch Spannung der Zugang zur Nase geschlossen. Die Aktivität des Velums ist auch für die Artikulation von großer Bedeutung. So wird der Luftstrom bei oralen Lauten – wie z.B den Vokalen – durch Schließen des Velums in den Mundraum geleitet, während er bei der Bildung von nasalen Lauten wie das /m/ und das /n/ durch Entspannung des Velums in den Nasalraum geleitet wird.

Puste- und Saugübungen trainieren das Velum!

Der Pharynx

Den hinteren Abschnitt des Ansatzrohres bildet der Pharynx (= Rachen). Dabei handelt es sich um einen flexiblen muskulären Schlauch. Er befindet sich hinter dem Nasen- und Mundbereich und führt durch den Hals und durch den Kehlkopf bis zur Luftröhre und Speiseröhre.

Kräftigungs- und Wahrnehmungsübungen unterstützen die Lautbildung im hinteren Rachenraum!

Die Zunge

Die Zunge (= Lingua) ist das beweglichste Artikulationsorgan oberhalb des Mundbodens. Sie besteht aus zwei verschiedenen Muskelsystemen:

  • Die äußere Zungenmuskeln sind für die Lage der Zunge zuständig. Dazu muss die Muskulatur eine gewisse Grundspannung halten können.
  • Die inneren Zungenmuskeln beeinflussen die Form der Zunge. Vergleicht man z.B. die Laute /l/, /sch/ und /s/ bemerkt man die Veränderung der Form. Durch ihre Beweglichkeit ist die Zunge in der Lage, die Resonanzräume des Mundraumes in vielfältiger Weise zu verändern, was insbesondere bei der Bildung der Vokale /a/, /e/, /i/, /o/ und /u/ deutlich wird. Es ist wichtig, dass es gelingt, die Zunge präzise zu benutzen, so muss exakt die richtige Artikulationsstelle getroffen werden um ein richtiges /s/ zu bilden. Ansonsten verändert eine nur geringe Abweichung den S-Laut schon so, dass daraus ein gelispeltes /s/ (Sigmatismus) wird.

    Die komplizierten feinmotorischen Prozesse sind störanfällig und je sicherer die Bewegungen beherrscht werden, desto problemloser ist die richtige Lautbildung und das Sprechen, denn neben der exakten Artikulation muss gleichzeitig in einem sehr schnellem Tempo die Atmung und die Stimmgebung im Kehlkopf koordiniert werden.

Zungenübungen unterstützen die Genauigkeit der Zungenbewegungen!

Die Lippen

Die Lippen (= Labia) bilden die vordere Abgrenzung des Mundraumes. Sie bestehen aus Muskeln, die den Mund sowohl spitzen und breit ziehen als auch vorstülpen und einziehen können. Unterstützung bekommen die Lippen auch noch durch mehrere Gesichtsmuskeln.

Das Sprechen, also die Lautbildung, erfordert eine intensive Lippenbewegung. Durch Öffnen und Schließen, Runden und Spreizen der Lippen können unterschiedliche Laute gebildet werden. Ist die Lippenmuskulatur zu schwach und die Beweglichkeit eingeschränkt, kann sich das auf die Aussprache sehr negativ auswirken. So ist die Rundung der Lippen z.B. für Vokale wie /o/,/u/,/ö/ und /ü/ besonders wichtig.

Lippenübungen unterstützen die Lautbildung und verbessern die Resonanz.

In meinem kommenden Artikel werde ich die verschiedenen mundmotorischen Bereiche erklären und passendes Übungsmaterial hinzufügen.

Bis dahin – liebe Grüße!